Im Nachgang zur Eröffnung der Ausstellung "Im Land der Schlabbeflicker" von Manfred Rossel wollen wir Ihnen hier die Laudatorin Frau Prof. Dr. Heike Jochum genauer vorstellen und auch ihre Laudatio für Sie zugänglich machen.
geb. 1968 in Rodalben, ist Professorin für Öffentliches
Recht und Steuerrecht. Am 1. August 2006 übernahm sie die Leitung des Instituts
für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Osnabrück. Sie hat an der
Universität des Saarlandes und der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften
in Speyer studiert. Im Jahr 2000 wurde sie mit einer Arbeit aus dem
Wirtschaftsverfassungsrecht promoviert. Im Sommer 2004 erfolgte die
Habilitation. Die Forschungsschwerpunkte liegen im Deutschen und Europäischen
Steuerrecht, im Finanz- und Haushaltsrecht sowie im allgemeinen
Verwaltungsrecht. Prof. Jochum ist Autorin zahlreicher Fachbücher und Beiträge
in steuerrechtlichen Fachzeitschriften sowie Herausgeberin einer Schriftenreihe
zu den Grundfragen des Steuerrechts im traditionsreichen Mohr & Siebeck
Verlag, Tübingen. Weiter gehört sie zum Kreis der Autoren des Großkommentars
zum Einkommensteuerrecht, herausgegeben von Paul Kirchhof, Hartmut Söhn und
Rudolf Mellinghoff. Als Gastprofessorin der Wirtschaftsuniversität Wien hält
sie auch regelmäßig Vorlesungen zum Deutschen Steuerrecht für internationale
Masterstudenten.
Privat ist sie ihrer
Heimatstadt Pirmasens eng verbunden geblieben, wo sie noch immer lebt.
Im Jahr 2011 errichtete
sie gemeinsam mit ihrer Schwester die nach ihrem verstorbenen Vater benannte
Kinder- und Jugendhilfestiftung Rainer Jochum; die Stiftung unterstützt
bedürftige Kinder in der Region unkompliziert und in vielfältiger Weise. Seit
2013 ist sie Mitglied des Aufsichtsrates der Barmenia Krankenversicherung in Wuppertal
wie auch Aufsichtsratsmitglied der VR Bank Pirmasens. Damit knüpft sie an die
Zeit vor ihrem Studium an: Nach der Ausbildung zur Bankkauffrau bei der
damaligen BFG Bank in Pirmasens folgten berufliche Stationen u.a. auch beider
R+V Bank Dahn; so war sie Anfang der neunziger Jahre als stellvertretende
Filialleiterin in Hauenstein tätig.
Meine
sehr geehrten Damen und Herren,
auch
ich darf Sie herzlich willkommen heißen. Es freut mich sehr, dass wir heute in
diesem schönen Museum, dem „Deutschen Schuhmuseum“ die Ausstellung „Im Land der
Schlabbeflicker“ eröffnen können, die die Sammlung von Herrn Manfred Rossel zeigen
wird. Haben Sie vielen Dank für die freundliche Begrüßung und Vorstellung, sehr
geehrter Herr Leidner!
Mit
Begeisterung, ja geradezu Herzblut, arbeitet Manfred Rossel seit Jahren die
zahlreichen Fundstücke auf, um die Geschichte der vielen Schuhfabriken
nachzuzeichnen und zu bewahren, die es in unserer Region einmal gegeben hat.
Manche davon kennen wir noch heute, viele sind schon lange in Vergessenheit
geraten. Diesem Vergessen hat er den „Kampf angesagt“.
Doch
der Reihe nach: Woher stammen die Fundstücke seiner Sammlung überhaupt, werden
Sie sich gewiss fragen.
Nun, im
Grunde ist es Zufall, dass diese papierenen „Zeitzeugen“ der Schuhblüte in der
Region noch heute existieren. Heinrich Rossel, der Vater unseres Ausstellers,
hat in seiner Zeit als Direktor der AOK mit dem Sammeln begonnen. Seine
Interessen waren sehr vielfältig. Das Zeitgeschehen hat er aufmerksam beobachtet,
Zeitungsartikel zu politischen Themen oder auch zur Pirmasenser Kunstgeschichte
gesammelt. Sein Interesse galt dabei allerdings gar nicht vorrangig den
Schuhfabriken der damaligen Gegenwart; zu selbstverständlich dürfte ihre
Existenz damals gewesen sein.
Und
doch hat er die heute hier ausgestellten Exponate zu den Schuhfabriken der
damaligen Zeit bewahrt. Denn er sammelte auch leidenschaftlich Karikaturen und Cartoons
– besonders auch zu politischen Themen. Und weil er ein sparsamer Mensch war,
benutzte er zum Aufkleben gebrauchte Briefumschläge; bei der AOK fielen davon
natürlich viele an; alle Unternehmen der Region reichten dort ihre Anmeldungen
zur Sozialversicherung ein.
Die so
entstandene Sammlung ging dann in den siebziger Jahren in den Besitz von
Manfred Rossel über. Dort ruhte die Sammlung von Karikaturen und Cartoons seines
Vaters erst einmal. Als Chef der Elektrogroßhandlung Fritz Krieger blieb ihm
nicht die Zeit zur genaueren Betrachtung. Erst als er mit seinem 70sten
Geburtstag aus dem aktiven Erwerbsleben vor etwa 17 Jahren ausschied, wurde das
anders.
Und die
Überraschung war groß: Natürlich fanden auch die gesammelten Karikaturen und
Cartoons sein Interesse – aber der eigentliche „Witz“ ergab sich aus der
genaueren Betrachtung der Rückseiten! Die unzähligen Briefumschläge tragen die
Logos und Werbeslogans der Absender und damit der verschiedensten Schuhfabriken
der Vor- und Nachkriegszeit; sie zeichnen – quasi ganz nebenbei – ein
eindrucksvolles Bild der inzwischen – heute – doch so veränderten
Vergangenheit. Hier finden sich sämtliche Werbemarken der regionalen
Schuhindustrie kompakt in einem Bestand!
Herr
Rossel hat es unternommen, den umfangreichen Bestand zu erfassen und zu ordnen – und
vor allem: nach und nach dem späteren Schicksal ausgewählter Fabriken
nachzuspüren. So berichtet er etwa regelmäßig in P6 und dem „Schaufenster“ über
je eine Familie, „ihre“ Schuhfabrik und ihren Werdegang – anschaulich
illustriert durch die dazugehörigen Logos, Slogans und, soweit auffindbar,
Bilder der Vergangenheit.
Die
positive Resonanz auf diese Artikel in der Bevölkerung hat ihn darin bestärkt,
sich immer wieder aufs Neue einen „alten Namen“ auszusuchen und die
Hintergründe zu erhellen. Auch der große Zuspruch der rund 300 Schuhfachschüler
beim Absolvententreffen im August 2011 im ISC auf der Husterhöhe hat ihn angespornt;
zeigte dort doch auch gerade die jüngere Generation großes Interesse.
Nach
und nach sind so „Biografien in Bild und Schrift“ und die Präsentationen
entstanden, die Sie nun hier exklusiv im Deutschen Schuhmuseum bestaunen
können; etwa zur Schuhfabrik Eduard Rheinberger.
Dem
Museum und allen voran seinem Leiter, Herrn Willy Schächter, gebühren dafür
Dank und Anerkennung. Schade, dass er heute aus gesundheitlichen Gründen nicht
selbst anwesend sein kann. Wir dürfen ihm von dieser Stelle aus beste Genesung
wünschen.
Er
jedenfalls hat hier im Museum ohne Zögern die nötigen Ressourcen zur Verfügung
gestellt, um die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das ist
keineswegs selbstverständlich. Räume und Ausstattung, Zeit und Personal für die
Konzeption, Vorbereitung und Betreuung sind stets knapp. Eine Ausstellung etwa
in der historisch bedeutenden „Schuhstadt Pirmasens“ hat deswegen bislang noch
nicht stattfinden können.
Umso
mehr freuen wir uns, dass das „Land der Schlabbeflicker“ durch die Ausstellung
hier in Hauenstein wieder lebendig wird, welches über 40 Orte der Region
umfasste und von etwa 600 Fabriken geprägt wurde.
Wir
laden Sie herzlich zur Erkundung ein!
gez.
Prof.
Dr. Heike Jochum, Mag. rer. publ.