Neue Schätze
aus dem deutschen Schuhmuseum:
Die Rheinpfalz berichtete:
Die
Russenschuhe
Es vergeht
fast kein Tag, an dem das Deutsche Scxhuhmuseum Hauenstein nicht
wertvolle Schuhschätze erhält, die zumeist auch eine besondere eigene Geschichte zum Inhalt und oft mit Krieg und menschlichem Leid, aber
auch mit kleinen Inseln an Mitmenschlichkeit, Nähe und Dankbarkeit zu tun
haben. Zumeist erhält das Museum auch
noch die authentische Geschichte dieser teilweise wunderbaren Schuhunikate von
den Familienangehörigen, die auch noch Jahrzehnte danach Zeugnis ablegen, dass in den Jahren des Mordens und Sterbens auch zwischen Freund und Feind auch noch hie und da Platz war für allzu Menschliches.
Die
Geschichte des neuen Exponates aus der Museumsschatzkammer ist die Geschichte
der „Russenschuhe“, wunderschöne, leichte und filigrane Schuhe, deren
Geschichte in die Zeit des Westwalls zurückgeht und eine solche kleine Insel
der Dankbarkeit über Freund und Feind
hinweg darstellen: „Mein Vater, der 1903
geborene Schuhmachermeister Johann Jumel aus dem hessischen Schlitz musste 1939
sein Schuhgeschäft aufgeben und wurde
zum Schanzen am Westwall eingezogen“, erzählt der 1936 geborene
Karl-Friedrich Jumel aus Germering bei München von der Geschichte des „Russenschuhs“.
Der Vater sei nach seiner Grundausbildung als Gefangenenaufseher
eingesetzt worden und mit der Führung einer Schuhmacherwerkstatt auf der
hessischen Wegscheide bei Bad Orb beauftragt worden. „Dort wurden in erster
Linie mit den russischen Gefangenen die
Militärstiefel der deutschen Soldaten repariert“, weiß der Sohn Karl-Friedrich Jumel, der nach dem
Krieg selbst erfolgreicher Schuhmachermeister geworden war, über die
„Russenschuhe“ zu berichten. „Der menschliche Umgangston, die Fürsorge und das Verständnis für die Gefangenen
machten meinen Vater bei den Russen sehr
beliebt und hoch geachtet“. Dafür revanchierten sich die jungen Russen auf ihre
Weise: „ Aus gefärbtem Stroh, das sie vom Feld mitbrachten, flochten sie Zöpfe
mit den vorhandenen kargen Mitteln“, erzählt
Karl-Friedrich Jumel. „Sie
walzten die Zöpfe flach und nähten diese auf Futterleder und fertigten
diese wunderbaren Schuhe, für meine
Mutter“, die sie zeit ihres Lebens in hohen Ehren hielt und immer wieder darum
gebeten hatte, die „Russenschuhe“ nach ihrem Tod an einen würdigen Platz zu
geben. „Diesen Platz haben wir in Ihrem Museum, wo es viele solcher
zeitgeschichtlichen Beispiele gibt, gefunden“. Als seine Mutter schon sehr
krank gewesen sei, habe sie vor ihrem Tod „meine Russenschuhe“ zur Erinnerung
und Aufbewahrung übergeben. „Ich denke, dass die Russenschuhe bei Ihnen in
Hauenstein als einmaliges und außergewöhnliches Stück Zeitgeschichte einen
ehrenvollen Platz finden werden, schrieb dieser Tage der Sohn Karl-Friedrich
Jumel aus dem bayerischen Germering (ys).
Foto:

Die
„Russenschuhe“, ein neues Exponat in der Schatzkammer des Deutschen
Schuhmuseums, das zugleich auch ein Symbol von kleinen menschlichen Erlebnissen
zwischen Freund und Feind wa.
Foto oben:
Die
„Russenschuhe“ mit mit dem Bild des 1903 geborenen
Schuhmachermeisters Johann Jumel. Er
erlebte das Kriegsende nicht und wurde am 13. März 1945 bei Lauban in Schlesien von russischen Kugeln
getötet