Aus
dem Südwestpfalzmagazin 2013 :
PAARLAUF
Pantoffeln
für Helden, Sandalen für Legionäre und Turnschuhe für Politiker
– im Deutschen
Schuhmuseum von Hauenstein
finden Paare zueinander...
(von Harald Hartusch)
Kleider
machen Leute
– Schuhe schreiben Geschichte. Ein römischer Legionär ohne Sandalen?
Möglicherweise wäre das mächtige "Imperium Romanum" barfuß kaum zu
einer antiken Weltmacht aufgestiegen. Eine Königin in herrlicher Robe und ohne
Schuhe? Die majestätische Wirkung wäre dahin. Ein Abend auf dem Tanzparkett
ohne passende Schuhe? Bestimmt kein beschwingtes Erlebnis.
Man spricht von
"7-Meilen-Stiefeln", Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich
zwei Paar Schuhe, wir fragen danach wo der Schuh drückt und müssen jederzeit
aufpassen, dass man uns nichts in die Schuhe schiebt. Der ein oder andere ist
dem "Schuh-Fetischismus" verfallen, es gibt richtige
"Pantoffel"-Helden und viele von uns blicken bei einem ersten
Kennenlernen als Erstes darauf, ob die Schuhe des Gegenüber geputzt sind.
Mit anderen Worten: Schuhe stehen hoch im
Kurs, bestimmen unser Leben ohne dabei in den Vordergrund zu treten...

Schuhe
sind wichtiges Kulturgut, eine der großen Errungenschaften unserer
Zivilisation und damit untrennbarer Teil der Menschheitsgeschichte.
Glücklicherweise gibt es ein Museum, in dem ihre außerordentliche Bedeutung
sichtbar wird, das "Deutsche Schuhmuseum" im pfälzischen Luftkurort
Hauenstein.
In einer faszinierenden Inszenierung aus
allen Zeiten und Kontinenten wird hier in einer im Bauhausstil errichteten,
ehemaligen Schuhfabrik, auf fast 3.000 Quadratmetern Fläche, verteilt auf vier
Stockwerke, deren Kulturgeschichte erlebnisreich für Besucher aufbereitet. Ein
ganz spezielles Vergnügen, das weltweit einzigartig ist. Eine nostalgische
Manufaktur, aber auch ratternde Maschinen mit dem Flair der zwanziger und
dreißiger Jahre zaubern dabei ein authentisches Ambiente in das museal
aufbereitete Zusammenspiel aus Schuhherstellung, Schuhhistorie und
Sozialgeschichte.
Der
Rundgang durch die Schuhgeschichte beginnt im Erdgeschoss, in dem die
Anfänge der Schuhmanufaktur aus der Zeit von 1740 bis 1918 dargestellt werden.
Dazu gehört eine echte Dampfmaschine ebenso wie eine original eingerichtete
Wohnung eines Schuharbeiters in der damaligen Zeit.
Im obersten Stockwerk wiederum wird die
über 3.500 Paare starke, historische Schuhsammlung des Viersener Schuhsammlers
Ernst Tillmann präsentiert, darunter eine römische Sandale um das Jahr 200
n.Chr., ein echter Cowboystiefel sowie ein kunstvoll verzierter Beduinenstiefel
aus dem 19. Jahrhundert.
Kaum zu glauben, welche Geschichten
Schuhe zu erzählen wissen: So erfährt man in diesem Teil des Museums
beispielsweise, dass der typische rechte und linke Schuh bereits von den
Hetitern und den Römern hergestellt und getragen wurde und danach in
Vergessenheit geriet. Erst zur Mitte des 19. Jahrhundert wurde dieser wichtige
gesundheitliche Aspekt wiederentdeckt und in die Schuhproduktion aufgenommen.
Der entscheidendste Fortschritt in den
Jahrhunderten dazwischen war dagegen die Erfindung des Absatzes und seine
Einführung ab dem 17. Jahrhundert.
Die
Präsentation der Zeit- und Sozialgeschichte geht im 2. Obergeschoss für die
Jahre 1918 bis 1945 weiter, wobei die Besucher durch eine voll funktionsfähige
Schuhfabrik dieser Zeitepoche geleitet werden, die noch täglich ihren Betrieb
aufnimmt.
Ein Stockwerk tiefer wartet die Moderne,
die Zeit nach 1945. So wird der Museumsgast durch eine typische Wohnung der
60er Jahre geführt, besucht einen Schuhsalon aus jener Zeit, in dem auf einem
"Schucoskop" mittels Röntgenstrahlen der Sitz der neuen Schuhe
geprüft wurde. Aus heutiger Sicht ein echtes Kuriosum.
Apropos Kuriosum: das größte Schuhpaar
der Welt in der Größe 248 steht hier auch, für Menschen, die gerne auf großen
Fuß leben...
Menschen, insbesondere
prominente Zeitgenossen, beenden den spannenden Rundgang mit ihren, dem Museum
überlassenen Schuhen: Die kunstvollen Kreationen von Thomas Gottschalk und
Michelle Hunziker erinnern an "Wetten Dass", Boris Beckers
"Wimbledon-Schuhe" sind zu sehen, ebenso wie die legendären
Turnschuhe von Joschka Fischer – Schuhe als spannende Kapitel der
Menschheitsgeschichte.
Hauenstein
ist jedoch nicht nur Schuhdorf, Hauenstein ist auch eine der großen
Wandergemeinden im Pfälzerwald. Sieben Premiumwanderwege hat man zu bieten, der
"Pälzer Keschdeweg" startet hier, und der "Pfälzer
Waldpfad" macht hier selbstverständlich ebenfalls Station. Hauenstein ist
eine der Top-Wanderregionen Deutschlands – hier stiefelt man gerne durch die
Natur.
Apropos Stiefel – Wanderstiefel gibt´s
hier in Hauenstein natürlich auch zu kaufen,
und in einer interessanten Ausstellung unter dem Titel "Wanderschuhe
im Wandel der Zeiten" vom 19. Mai bis 14. Juli 2013 werden diese im
Deutschen Schuhmuseum zudem ausgiebig gewürdigt. Anlass ist übrigens das
100-jährige Jubiläum des Pfälzerwald-Vereins Hauenstein, wie sollte es anders
sein. Die Wanderstiefel von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl haben hier ihren
Platz gefunden, ebenso wie so manches Kleinod einer Bewegung, die heute zu den
beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen zählt.

Und
wenn Sie schon mal da sind, dann sollten Sie unbedingt auch noch in der
"Schuhmeile Hauenstein" vorbei schauen, Deutschlands größtem
Schuh-Outlet-Zentrum. 24 Fachgeschäfte bieten am Ortseingang von Hauenstein,
mehr als 1 Million Paar Markenschuhe zu sensationell günstigen Preisen an –
wenn das kein lohnenswerter Ausflug ist?
Deutsches
Schuhmuseum, Turnstraße 5, 76846 Hauenstein, Telefon 06392/923334-0,
www.museum-hauenstein.de.
Täglich
geöffnet (auch sonn- und feiertags) von 10.00 bis 17.00 Uhr (Bis Februar modifizierte
Öffnungszeiten) www.museum-hauenstein.de