Schuhprofessor
Ernst Tillmann zum 90.
Geburtstag:
Seine Sammelleidenschaft hält ihn auch im
Alter fit
Ein Großteil der Exponate im Hauensteiner
Deutschen Schuhmuseum gehören zur
Ernst-Tillmann-Sammlung. Sie stammen aus aller Welt und allen Kulturen und haben das Hauensteiner Museum, das größte
Museum seiner Art weltweit, nicht nur in
Europa bekannt gemacht. Dieser Tage feierte
Ernst-Tillmann bei bester Gesundheit seinen 90. Geburtstag und ist noch kein bisschen müde. Bei der Gratulation
zu seinem Ehrentag brachte der
„Schuhprofessor vom Niederrhein“ das Gespräch gleich wieder auf seine Sammlung,
die seit dem 2. April 2002 eines der
Herzstücke des Hauensteiner Museums darstellt:„Ja, ich fühle mich noch nicht so
alt, um weiter zu sammeln. Bei meinem nächsten Besuch in Hauenstein bringe ich
wieder 145 neue Exponate mit“. Das ist er halt, der weltweit bekannte Schuhsammler,
der mit 90 Jahren noch äußerst fit und dynamisch ist und über ein profundes Schuhwissen verfügt, das er gerne
fast täglich an das Museumsteam weitergibt.
Sein Lebenswerk zog also im Jahre 2002 vom rheinländischen
Viersen für immer ins Deutsche
Schuhmuseum: 3 888 Paar Schuhe und Exponate
sind es mittlerweile „ und ich werde gerne auch noch weiter sammeln, wenn
ich gesund bleibe“ schaut der äußerst rüstige 90jährige in die Zukunft. 3 888
Exponate aus aller Welt und aus allen Zeiten sind ein kostbarer und im
Grunde unbezahlbarer Schatz aus der
Kulturwelt des Schuhs, die als
„Ernst-Tillmann-Sammlung im Deutschen Schuhmuseum Hauenstein ihren würdigen und bleibenden Platz gefunden hat.
„Es war
immer mein Ziel gewesen, mein Lebenswerk
in gute Hände zu geben, die Hauensteiner haben schließlich das Rennen gemacht,
wir sind richtige und echte Freunde
geworden“, sagt der agile Jung-Neunziger,
der die Welt der Schuhe universal
beherrscht.
„Ernst Tillmann hat Schuhe in den Adern“,
apostrophiert Museumsleiter Schächter
seinen väterlichen Freund aus Viersen
und ist glücklich, dass es nicht zuletzt auch die hervorragenden
zwischenmenschlichen Beziehungen zum „Schuhpapst Tillmann“ waren, die für Hauenstein den Ausschlag gaben. Tillmann
selbst hatte zahlreiche Bewerber aus großen deutschen Museen und Galerien
immer freundlich abgewiesen, “weil mich
mit den Hauensteinern seit Jahren ein
außerordentlich gutes Freundschaftsverhältnis verbindet. Ich weiß, dass mein
Vermächtnis hier am besten aufgehoben ist“.
Die Wurzeln seiner Schuhleidenschaft liegen in
seiner Kindheit im ostpreußischen Schippenbeil. Dort hatte sein Großvater 1880
ein Schuhgeschäft gegründet, das der Vater übernahm. Kein Wunder also, denn Tillmann charakterisiert sich so
am treffendsten: „Mir wurden die Schuhe sozusagen in die Wiege gelegt“. Ernst
Tillmann macht in seiner ostpreußischen Heimat die Mittlere Reife, dann eine Schuhlehre in
Elbling, gefolgt von Militär, Krieg und Gefangenschaft. In den Aufbaujahren
nach der Vertreibung geht die „Schuhkarriere“ in Westdeutschland weiter, es
folgt eine zusätzliche Ausbildung zum Schuhmacher, Geschäftsführer in einem
Duisburger Schuhgeschäft, dann Handelsvertreter namhafter Marken in der ganzen
Bundesrepublik. 1968 ist seine Schuhkompetenz schon so bekannt, dass er zum
öffentlich bestellten und vereidigten Schuhsachverständiger für die ganze Republik berufen wurde.
Tillmann hatte schon immer ein Faible für ausgefallene oder historische Schuhe,
im Laufe der Jahrzehnte bereiste er die ganze Welt, das Sammeln wurde zur
Leidenschaft und Passion.
Überhaupt ist das Gedächtnis des sympathischen
Herrn Tillmann so phänomenal wie seine Schuh-Pretiosen selbst: Wenn Ernst
Tillmann ins Schwärmen gerät, dann liefert sein erstaunliches Gedächtnis sowohl
die zeitliche Zuordnung, als auch die detailgetreue Beschreibung und Beschaffenheit
, aber auch die personenbezogene Geschichte und die genaue
Herkunft des jeweiligen Schuhs. Mancher
Schuh ist dabei ein anschauliches Spiegelbild sozialgeschichtlicher Bezüge,
„seine“ Schuhe sind authentische Zeitzeugen. So hat der Viersener Schuh-Professor
Tillmann auf jahrzehntelangen Reisen eine kleine lebendige “ Weltgeschichte einer
einzigartigen Schuhwelt“ geschrieben. In diesem
Sinne werden die
Hauensteiner das Lebenswerk des
begnadeten Sammlers Ernst Tillmann als
das großes Vermächtnis eines großen Schuhkenners in Ehren halten . Die
Ernst-Tillmann-Sammlung hat dem
Deutschen Schuhmuseum neue Impulse und
eine neue großartige Qualität gegeben
und mit 90 Jahren denkt der Schuhpapst noch längst nicht ans Aufhören.
Foto: Ernst Tillmann feierte dieser Tage bei bester
Gesundheit 90 Jahre alt geworden. Seiner
sammelleidenschaft für das Schuhmuseum bleibt er weiterhin treu. Die Sandale
links hat statt Absatz eine Metallfederung.