Neue Erkenntnisse bei
der Erforschung und der Rekonstruktion eines Originalschuhs um 1400 aus der Ernst Tillmann
Sammlung des Deutschen Schuhmuseums Hauenstein
Bei der Rekonstruktion eines mittelalterlichen Schuhs um 1400, der im Deutschen Schuhmuseum
Hauenstein gezeigten Ernst Tillmann Sammlung, bewies der Frank Becker aus
Saarbrücken-Altenkessel von der Abteilung „Mittelalterliche Sammlung“ einen
detektivischen Spürsinn.
Ein ursprünglich für einen Pantoffel gehaltener Originalfund
aus den Niederlanden entpuppte sich nach über 600 Jahren als ein vollwertiger
Schuh. Anhand des Stichbildes des Oberleders und der dazugehörigen Sohle konnte
zweifelsfrei belegt werden, dass das Fersenteil zu einem früheren Zeitpunkt
entfernt wurde oder verloren ging. Dadurch
entstand bei der Ausgrabung irrtümlicherweise
der Eindruck, dass es sich bei dem Schuh um einen Pantoffel handelt. Durch
einen nahezu identischen Vergleichsfund aus den Niederlanden konnten auch letzte
Zweifel beseitigt werden.
Bei der Rekonstruktion des Schuhs lieferte dieser
Vergleichsfund zudem wertvolle Informationen, wie die fehlende Fersenpartie einmal ausgesehen haben
könnte. In einem direkten Vergleich von
Originalfund und Rekonstruktion können sich unsere Besucher ein Bild davon machen, wie der Schuh im Neuzustand ausgesehen
haben könnte, als er Anfang des 15. Jahrhunderts seinem damaligen Besitzer
übergeben wurde.
Eine Vermessung der Sohlenstärke bestätigt, dass unsere
Vorfahren auf „dünnen Sohlen“ unterwegs waren. Eine Sohlenstärke von 3,5 – 4,5
mm war zur Zeit der sogenannten Wendeschuhe im Mittelalter die Regel. Dieses
liegt nicht zuletzt an der Tatsache, dass die Schuhe damals auf Links
angefertigt und nach der Fertigstellung auf Rechts gewendet wurden. Dieser Art
der Herstellung entstammt der auch heute noch gebräuchlichen Spruch: „Anders
herum wird ein Schuh daraus.“. Die geringen Nahtabstände beim Oberleder von ca.
4-5 mm sorgten schon damals für eine gewisse Dichtigkeit. Bei Regen schützte man
die Schuhe ohnehin mit Trippen, einer Art Unterschuh, der bei schlechtem Wetter
einfach unter die vorhandenen Schuhe geschnallt wurde.


Wenn Sie unseren Mitarbeitern der Mittelalterlichen Sammlung
einmal bei der Herstellung mittelalterlicher Schuhe und Unterschuhe über die
Schulter schauen möchten, können Sie dieses im Rahmen der regelmäßig
stattfindenden Aktionstages im Jahr 2012 gerne tun. Anlässlich dieser
Aktionstage zeigen die Akteure in authentischer Kleidung mittelalterlicher
Handwerker in der neuen mittelalterlichen Schuhwerkstatt im 3. Obergeschoß
unseres Museums, wie damals Schuh und Unterschuhe angefertigt wurden.
Wir freuen uns auf ihren Besuch.