Die „Rollende Schuhfabrik“ in Vorderweidenthal
In den
Pionierzeiten: Von Vorderweidenthal zu Fuß in die Hauensteiner Schuhfabriken
Das Lindelbrunndorf Vorderweidenthal – es
feierte mit einem großartigen Festzug am Sonntag 700 Jahre Dorfgeschichte – liegt an der
Nahtstelle des Dahner Tales , der Region Bad Bergzabern und am äußern
südwestlichen Zipfel der Region Hauenstein, 14 Kilometer oder drei Gehstunden
von der Schuhgemeinde entfernt. Politisch hat man die Lindelbrunngemeinden Ende
der sechziger und Anfang der 70er
Jahre aus seinen alten historischen
Grenzen auseinandergerissen und die Dörfer Darstein und Dimbach dem Landkreis Pirmasens und der neuen
Verbandsgemeinde Hauenstein zugeschlagen. Daran erinnert man sich auch heute
noch und im Jahre 1969 war das besonders schmerzlich. Der damalige
Vorderweidenthaler Pfarrer Jockers sprach damals sogar davon, dass „an die
Stelle der Fürsten und Gauleiter“ nun
die allgemeine Großindustrie getreten sei. Er befürchtete damals eine Majorisierung durch die „CDU-Pfründe
Hauenstein“. Das ist natürlich ganz anders gekommen, und beim
großen Festumzug am Sonntag generierte
die riesige „Rollende Schuhfabrik“ aus Hauenstein nicht nur zum
Blickfang für Tausende Gäste mit Maschinengeratter
und Transmissionslärm. Die Hauensteiner wollten sich auch mit
der Teilnahme ihrer historischen Schuhfabrik der Gemeinde Vorderweidenthal
erkenntlich zeigen für ganz besondere Lebensleistungen Vorderweidenthaler Bürger, die sich schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg auf den
täglichen Arbeitsweg zu Fuß nach Hauenstein und zurück begeben haben: Jeden
Tag, sommers wie winters, bei Schnee und
Eis. Der Arbeitsweg Vorderweidenthal - Hauenstein dürfte der längste im
Einzugsbereich der jungen Hauensteiner Schuhindustrie gewesen sein, sechs
Stunden per pedes zum Arbeitsplatz, nur an Sonntagen und im Sommer sahen sie
bei Licht ihren Heimatort. „Das sind Leistungen, die man sich heute gar nicht
mehr vorstellen kann, erst viel später hatte der eine oder andere ein Fahrrad“,
meinten einige alte Vorderweidenthaler.
Die Teilnahme der riesigen rollenden
Schuhfabrik soll nicht zuletzt das Andenken dieser und vieler Hunderter
Arbeiter aus den Lindelbrunngemeinden in Ehren halten, die die Schuhindustrie in
Hauenstein und Schwanheim mit aufgebaut haben und wurde schon vor zwei Jahren
mit Hans-Günter Hüther als einem der
Festorganisatoren als Dank an diese Generationen vereinbart. Vielleicht gaben
ja auch einige der alten Fabrikpioniere aus den Lindelbrunngemeinden den Anlass, dass im Jahre 1954 in Vorderweidentahl selbst (in Richtung Bad
Bergzabern) eine leistungsfähige Schuhfabrik entstanden ist. Fabrikant Hermann
Diehl errichtete in den „Sandäckern“
eine neue moderne Fabrik, die einige Jahrzehnte lang den heutigen Jubiläumsort zum kleinen
Schuhzentrum werden ließ. Nach Einstellung
der Produktion übernahm die Hauensteiner ASS-Gruppe Produktionsstätte und das Stammperssonal –
die meisten davon aus Vorderweidenthal. Betriebsleiter waren damals Ehrenfried
Seibel, Paul Stöbener und der vor wenigen Tagen verstorbene Ruprecht Graf.
Heute produziert Lederkünstlerin Bettina
Kornmann in den großzügigen Räumen.
Hinter all diesen Entwicklungen steht heute
noch die Pionierleistung der ersten „Fabrikgänger“ in den ersten Jahrzehnten
des vergangenen Jahrhunderts von „Weindaal nooch Hääschde“, und wer heute auf
den vielen Premiumwegen diese Strecke als Feriengast an einem Tag erwandern will, der hat mit
knapp dreißig Kilometern eine große Wanderleistung vollbracht. Damals musste
zum täglichen Arbeitsweg aber noch neun
bis 10 Stunden gearbeitet werden, auch samstags…
Gleichsam auch als Hommage an alle Menschen
aus den Lindebrunngemeinden, die in der Schuhindustrie gearbeitet haben, war beim Festumzug auch die riesige rollende Schuhfabrik aus
Hauenstein als ratternder Maschinen-Zeitzeuge ein Höhepunkt eines großen Festes
in einer kleinen Gemeinde.
